Direkt zum Inhalt
Image
Zauberwürfel mit violettem Hintergrund

Persönlichkeitsstörungen

von Dr. Astrid Neuy-Lobkowicz

ADHS-Betroffene haben häufig andere Diagnosen, weil viele Psychiater und Psychotherapeuten die Diagnose ADHS nicht kennen. Andererseits kommen aber Persönlichkeitsstörungen bei ADHS gehäuft vor, sodass es auch Doppeldiagnosen gibt wie ADHS und Borderlinestörung oder ADHS und dissoziale Persönlichkeitsstörung.

Um zu differenzieren, um welche Diagnose es sich handelt, benötigt der Therapeut ein umfangreiches diagnostisches Wissen und eine langjährige Erfahrung. Wir zeigen hier die Persönlichkeitsstörungen auf, die mit ADHS assoziiert sind. Leider werden häufiger diese Persönlichkeitsstörungen als Diagnose gestellt, obwohl es sich um ADHS handelt. Weil unbekannt wird ADHS oft nicht erkannt und stattdessen eine falsche Diagnose gestellt.

Wichtig ist aber auch immer wieder zu betonen, dass Diagnosen eine Art Schubladen sind, in die wir Menschen mit definierten Symptomen stecken. Oft werden diese Diagnosen wieder revidiert, weil man erkennt, dass sie falsch zugeordnet waren. Diagnosen sind also nicht in Stein gemeißelt, sondern entsprechen dem aktuellen Stand der Wissenschaft, der sich immer wieder ändern kann. Menschen sind hochkomplexe Wesen und man ist nie nur ADHS. Erst einmal ist jedes ADHS individuell, weil die Symptome der ADHS sehr unterschiedlich ausgeprägt sein können. Zweitens haben wir Menschen ganz viele Facetten, die uns einmalig und individuell machen.

Die häufigsten Persönlichkeitsstörungen im Zusammenhang mit ADHS werden wie folgt beschreiben:

 

Histrionische Persönlichkeitsstörung

Betroffene haben häufig einen theatralischen und übertriebenen Gefühlsausdruck. Sie sind leicht beeinflussbar und wechseln ihre Stimmung schnell. Weiterhin haben sie das permanente Verlangen im Mittelpunkt zu stehen und sie fordern von ihren Mitmenschen ständig Aufmerksamkeit ein. Sie sind verführerisch und verführbar und müssen ständig ihre Attraktivität unter Beweis stellen. Sie sind auf einer ständigen Suche nach andauernder Bestätigung und wenn sie diese nicht bekommen, geht für sie kurzfristig die Welt unter.

Die Frage bei histrionischer Persönlichkeitsstörung ist, ob hier nicht auch viele Anteile von ADHS beschrieben werden.

 

Emotional-instabile oder auch Borderline- Persönlichkeitsstörungen

Hier gibt es große Überschneidungen bei dem impulsiven Typ der Borderlinestörung. Es ist wissenschaftlich noch nicht abschließend geklärt, ob es sich nicht bei einem Teil der Borderlinestörungen um ein ADHS handelt. In jedem Falle sollte eine Borderlinestörung dann wie ein ADHS behandelt werden, wenn in der Kindheit und auch aktuell deutliche ADHS-Symptome nachweisbar sind bzw. waren.

Die Stimmung der Boderliner kann sehr instabil sein, sie leiden dann unter ständigen Stimmungswechseln. Sie können intensive Gefühlsausbrüche haben, von sehr ärgerlich bis hin zu gewalttätig. Oftmals reagieren sie impulsiv und haben nur wenig Kritikfähigkeit. Häufig leiden sie auch unter einem chronischen Gefühl der inneren Leere. Ihre Beziehungen sind oft intensiv, aber sehr unbeständig. Vielfach ist ihr Leben von Krisen und Katastrophen geprägt, auch kommen häufiger Selbstverletzungen und Selbstmordversuche vor.

Der Unterschied zum ADHS ist, dass Menschen mit einer emotional-instabilen Persönlichkeit keine Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörung haben und auch nicht so ablenkbar sind. Sie sind weiterhin nicht desorganisiert und chaotisch. Sie verletzten sich nicht absichtlich, sondern weil sie wieder schusselig waren oder nicht aufgepasst haben. Sie haben häufiger Unfälle, weil sie das Risiko suchen, aber sie wollen sich nicht verletzen.

Narzisstische Persönlichkeitsstörung

Betroffene haben häufiger ein Größengefühl, z. B. dass sie unbegrenzte Macht haben, umwerfend schön sind und sie haben ein ausgeprägtes Bedürfnis nach ständiger Bewunderung und der Bestätigung ihrer Einmaligkeit. Es geht ihnen um Macht und Kontrolle und sie sind Meister der Manipulation. Oft haben sie auch eine unbegründete Anspruchshaltung an ihre Mitmenschen. Man kann sie meist nicht zufriedenstellen. Sie neigen dazu, andere auszunutzen und können arrogant und hochmütig sein. Sie sind oft intrigant und sie versuchen immer Situationen für sich auszunutzen und einen Vorteil zu erlangen. ADHS-Betroffene sind meist sehr authentisch und sie können auch sehr emphatisch sein. Sie können impulsiv werden, weil sie etwas sehr aufregt und sie sich ungerecht behandelt fühlen. Sie suchen aber nicht mit einem Plan ständig ihre Vorteile und spielen auch nicht Menschen gegeneinander aus. 

Dissoziale Persönlichkeitsstörung

Diese zeichnet sich dadurch aus, dass Betroffene wenig Mitgefühl und Anteilnahme am Leid anderer haben. Sie sind egozentrisch, maßlos, drängen nach sofortiger Bedürfnisbefriedigung und sie neigen dazu, sehr rücksichtslos gegenüber den Bedürfnissen ihrer Mitmenschen zu sein. Sie haben kein schlechtes Gewissen und es plagen sie keine Schamgefühle. Alles ist ihnen recht, um einen Vorteil zu erlangen. Auch übernehmen sie nur wenig Verantwortung und missachten soziale Normen, Regeln und Pflichten. Im Grunde genommen sind sie beziehungsunfähig, aber sie schaffen es immer wieder neue Beziehungen anzufangen. Sie haben weiterhin nur eine geringe Frustrationstoleranz und ihre Aggressionsschwelle ist deutlich erniedrigt. Sie tendieren zu Gewaltausbrüchen und zeigen kaum Moral und Schuldgefühle, auch lernen sie nur wenig aus Erfahrung. Sie werden auch häufiger kriminell als andere Menschen.

Image
Zauberwürfel mit violettem Hintergrund